Sichtbeton- und Architekturbeton richtig ausschreiben

Die werkmäßige Herstellung von Betonbauteilen im Fertigteilwerk bietet gute Voraussetzungen für eine gleichmäßige Qualität der Betonoberfläche.

Die Grundvoraussetzung, um ein zufriedenstellendes Ergebnis für alle Beteiligten zu erreichen, ist eine gemeinsame Vorstellung über das gewünschte Erscheinungsbild der Sichtbetonfläche und deren eindeutige Ausschreibung.

Dabei wird bei Betonfertigteilen grundsätzlich zwischen Sichtbeton und Architekturbeton unterschieden.


Sichtbeton

Sichtbeton - Standardausführung

Als Sichtbeton werden alle sichtbar bleibenden Betonflächen bezeichnet, an die zwar Anforderungen an das Aussehen gestellt werden, jedoch ohne ausgeprägte Gestaltungsabsicht.

Bei Betonfertigteilen muss herstellungsbedingt zwischen den geschalten Seiten und den Flächen an der Einfüllseite unterschieden werden. Schalseite und Einfüllseite können herstellungsbedingt nie das gleiche Erscheinungsbild aufweisen.

Die Flächenausprägungen ergeben sich aus den im Fertigteilbau üblichen Schalungshäuten (z. B. Stahl-Systemschalung oder beschichtete Holzschalung) oder bei ungeschalten Flächen (Einfüllseite) durch einfache Verfahren des Oberflächenabschlusses (z. B. händisches Glätten). Dabei sind Beschreibungen wie geglättet, abgezogen etc. keine direkten Qualitätsmerkmale, sondern die Beschreibung von Arbeitsgängen (Handwerk).

Im Sinne des Fertigteilbaus sind dies Standard-Ausführungen, bei denen lediglich die jeweilige Ausprägung einer Normalbetonoberfläche sichtbar bleibt. Die vielfältigen Möglichkeiten der Oberflächengestaltung, welche insbesondere die Fertigteilbauweise bietet, werden hierbei nicht angesprochen. Die fallen in den Bereich Architekturbeton und müssen gesondert betrachtet werden (siehe unten).

Für die Ausschreibung einer Standard-Ausführung reicht im Leistungsverzeichnis die Forderung „Sichtbeton nach FDB-Merkblatt Nr. 1“ aus. Dieser „normale graue Sichtbeton“ hat folgende Ausprägung:

  • Ausbildung der geschalten Oberfläche: glatt geschalt
  • Ausbildung der Einfüllseite, wenn sichtbar bleibend: geglättet
  • Ausbildung der Einfüllseite, wenn nicht sichtbar bleibend: abgezogen
  • Farbe: grau, nach werksüblicher Zementart für Konstruktionsbauteile
  • Kantenausbildung: mit Fase
  • Transportanker: verschlossen (Mörtelverschluss)
  • Montageeinbauteile: verschlossen (Mörtelverschluss)
  • Durchführungen zur Stützenmontage: offen
  • Schutzmaßnahmen (Lagerung, Transport, Baustelle, Montage): keine
  • Referenzflächen / Referenzbauwerk: keine

Damit ist die Einteilung in Sichtbetonklassen bei der Verwendung von Fertigteilen in der Regel nicht erforderlich. Prinzipiell entspricht die Standard-Ausführung für die geschalte Seite der bei Ortbeton üblichen Einteilung in Sichtbetonklasse 2 (SB 2) gem. „Merkblatt Sichtbeton“ des Deutschen Beton- und Bautechnik Verein (DBV).

Für Betonfertigteile gilt das FDB-Merkblatt Nr. 1 über Sichtbetonflächen von Fertigteilen aus Beton und Stahlbeton.


Sichtbeton – Abweichung von der Standard-Ausführung

Bei qualitativ abweichenden oder weitergehenden Anforderungen muss vor der Ausführung eine eindeutige und praktisch ausführbare Leistungsbeschreibung unter Berücksichtigung der aufgeführten Merkmale vorliegen, die gegebenenfalls durch Zeichnungen, Referenzflächen oder Hinweise auf ähnliche Leistungen zu erläutern ist.

Als Hilfsmittel dazu dient die Checkliste für die Ausschreibung von Sichtbetonoberflächen im FDB-Merkblatt Nr. 14, die - entsprechend ausgefüllt – der Ausschreibung als Zusätzliche Technische Vertragsbedingung (ZTV) beigefügt werden kann, um die gewünschten Sichtbetonoberflächen zu definieren.

Bei Abweichung von der Standard-Ausführung ist zur Qualitätsabstimmung eine Besichtigung von ähnlichen bereits realisierten Bauteilen oder Flächen anzuraten. Bei einem Vergleich mit Referenzflächen oder bestehenden Bauwerken ist zu berücksichtigen, dass die geforderte Ansichtsfläche der gewählten Referenzfläche nur bei gleichen Ausgangsbedingungen (Form, Abmessungen, Ausgangsstoffen, Betonzusammensetzung, Schalung, Verarbeitung, Nachbehandlung, Witterung, Betonalter usw.) entsprechen kann.

Erprobungsflächen können zur Abstimmung der Oberflächenbeschaffenheit dienen. Referenzflächen werden aus den Erprobungsflächen vor Ausführungsbeginn ausgewählt.

Bei bewitterten Sichtbetonflächen
sollte der Einfluss der Witterungsbedingungen auf die Entwicklung des Aussehens berücksichtigt werden. So kann durch die kontrollierte Ableitung des Regenwassers Schmutzablagerungen verringert werden. Ebenso ist der besondere Schutz der Sichtbetonoberflächen während der gesamten Bauphase (Lagerung, Transport, Baustelle, Montage) zu berücksichtigen.


Beurteilung von Sichtbetonflächen

Trotz größter Sorgfalt kann es bei der Ausführung von Sichtbeton zu Fehlstellen oder Abweichungen kommen. Eine material- und fachgerechte Aus- oder Nachbesserung ist daher zulässig. Jedoch bleiben Aus- bzw. Nachbesserungsstellen in der Regel auch bei größtem handwerklichem Geschick als solche erkennbar. Deshalb sollte sorgfältig geprüft und abgewogen werden, ob eine Aus- bzw. Nachbesserung geringer optischer Fehlstellen im Verhältnis zum damit verbundenen Aufwand tatsächlich eine Verbesserung des Gesamteindrucks ergeben würde, oder ob es besser wäre, darauf zu verzichten.

Bei der Beurteilung der Sichtbetonflächen ist der Gesamteindruck aus dem üblichen Betrachtungsabstand maßgebend. Einzelkriterien werden nur geprüft, wenn der Gesamteindruck der Ansichtsflächen den vereinbarten Anforderungen nicht entspricht.

Zu tolerierende Abweichungen im Erscheinungsbild der Sichtbetonfläche (Einfüllseite (E), Schalseite (S)) sind:

  • geringe Strukturunterschiede bei bearbeiteten Betonflächen (E)Wolkenbildungen, Marmorierungen und geringe Farbabweichungen (E, S)
  • „Kranzbildung“ durch frühes Schwinden am Rand (Abheben von der Schalung) (S)
  • Porenanhäufung (E, S)
  • sich abzeichnende Abstandhalter (S) und Bewehrung (E, S)
  • sich abzeichnendes Grobkorn („Leopardenhaut“) (E)
  • dunkle Streifen und geringe Ausblutungen an Schalelementstößen (S)
  • Schleppwassereffekte in geringer Anzahl und Ausdehnung (S)
  • vereinzelte Kalkfahnen und Ausblühungen (E, S)
  • Kantenabbrüche bei der Ausführung scharfer Kanten (E, S)
  • leichte Verfärbungen infolge Lagerung und Transport (E, S)

Folgende Forderungen sind technisch nicht oder nicht zielsicher herstellbar:

  • gleichmäßiger Farbton aller Ansichtsflächen am Bauwerk
  • porenfreie Ansichtsflächen
  • gleichmäßige Porenstruktur (Porengröße und -verteilung)
  • Oberfläche ohne Haarrisse

Architekturbeton

Im Gegensatz zum Sichtbeton werden an den Architekturbeton besondere gestalterische Anforderungen gestellt.

Dies können sowohl Ausführungen sein, die eine möglichst perfekte, einheitliche Oberfläche und Farbe zum Ziel haben, als auch Projekte, bei denen die Natürlichkeit und Lebendigkeit des Baustoffs Beton zugelassen oder bewusst betont werden.

Die Betonfertigteile sind als Gestaltungselement der Architektur konzipiert (ausgeprägte Gestaltungsabsicht bzw. besonders anspruchsvolle Gestaltungsaufgabe) und müssen deshalb hinsichtlich der Oberfläche, Farbe und Form mit besonderer Sorgfalt hergestellt werden.

Architekturbeton-Projekte gibt es nicht „von der Stange". Sie sind sehr beratungs- und kommunikationsintensiv und können nicht, wie der Sichtbeton, durch das Festlegen von bestimmten Eigenschaften ausreichend beschrieben werden.

Vielmehr muss das Bild des Architekturbetons in der Vorstellung des Architekten/des Auftraggebers mit den Möglichkeiten der technischen Umsetzung zur Herstellung dieser Oberflächen bzw. Bauteile so in Einklang gebracht werden, dass sie am Ende den Erwartungen entsprechen.

Dialog unabdingbar: Die Vorstellung des Planers und das ausführungstechnisch Machbare.

Im Dialog zwischen dem Architekten, dem Planer und der ausführenden Fachfirma wird das Ziel für die anstehende Aufgabe jeweils individuell definiert. Von den ausführenden Firmen wird ein hohes Maß an Fachwissen und die Bereitschaft gefordert, sich mit der Bauaufgabe intensiv zu beschäftigen. Anspruchsvolle Detailpunkte müssen gelöst, individuelle Betonrezepturen mit ausgesuchten Gesteinskörnungen formuliert, Oberflächen sorgfältig bearbeitet und der Nachbehandlung besondere Beachtung geschenkt werden. Dies erfordert mehr Zeit als bei üblichen Projekten sowohl in der Vorplanungs- als auch in der Ausführungsphase.

Zum Erreichen eines Konsenses zwischen den Vorstellungen des Planers und dem ausführungstechnisch Machbaren sind Werks- und Objektbesichtigungen sowie das Herstellen von Erprobungs- und Referenzelementen unabdingbar. Diesem Prozess, der für das Ergebnis und die Zufriedenheit des Kunden entscheidend ist, muss ein hoher Stellenwert eingeräumt werden.

Als Hilfsmittel zur Ausschreibung von Architekturbeton dient ein Leitfaden, der im FDB-Merkblatt Nr. 8 über Betonfertigteile aus Architekturbeton veröffentlicht wurde.


Im „FDB-Infoblatt Oberflächenschutz, Reinigung und Pflege für Fertigteilfassaden aus Architekturbeton 03/2020“ wird alles Wissenswerte für die an der Planung und Ausführung von Betonfertigteilfassaden Beteiligten auf einen Nenner gebracht: Im FDB-Infoblatt werden Arten von Oberflächenschutz beschrieben, Begrifflichkeiten definiert und weitere Hinweise aus der Praxis gegeben. Dies erleichtert es dem Auftraggeber, in Zusammenarbeit mit dem Herstellerwerk festzulegen, wie die hochwertige Oberfläche der Architekturbetonfassade am Gebäude geschützt werden kann.
Das FDB-Infoblatt wurde im FDB-Arbeitskreis Fassaden erarbeitet und enthält aus Sicht der Arbeitskreismitglieder das Wichtigste für die Anwendung von Oberflächenschutz (vorzugsweise im Werk) auf Betonfertigteilfassaden – kurzum - was man über Oberflächenschutz von Betonfertigteilfassaden wissen sollte, da verschiedene Maßnahmen im Planungsprozess, bei der Herstellung aber auch im Unterhalt der Fassade zu berücksichtigen sind.

Lesen Sie hier unsere Pressemitteilung zum "FDB-Infoblatt Oberflächenschutz, Reinigung und Pflege für Fertigteilfassaden aus Architekturbeton".

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